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PDF/VT � der ISO-Standard f�r variable Daten

Es gibt viele unterschiedliche (zum Teil proprietäre) Formate zur Definition variabler Druckdaten, mit denen zudem oft aufwendige Designs kompliziert oder nicht möglich sind. Der neue ISO-Standard PDF-VT soll hier Abhilfe schaffen.

Stephan JaeggiIm Bereich des Drucks von variablen Daten werden bislang viele verschiedene, teilweise auch herstellerabhängige Formate verwendet (z.B. PPML, VIPP, VPS, VDF, IPDS, IJPDF, Fiery FreeForm, Indigo JLT). Designs mit Transparenzen, Verläufen oder ICC-Profilen konnten damit oft nicht realisiert werden. Um diese Probleme zu überwinden, hat eine ISO-Arbeitsgruppe mit breiter Unterstützung der Hersteller von Digitaldruckmaschinen den ISO-Standard PDF/VT (Variable Daten und Transaktionsdruck) auf Basis von PDF/X entwickelt.

Die ersten Varianten des ISO-Standards 16612 erschienen 2010. Bei PDF/VT-1 sind alle Daten in einer Datei gespeichert. Bei PDF/VT-2 können externe Daten (statische oder variable) referenziert werden. Beide Varianten beruhen auf PDF/X: VT-1 auf PDF/X-4 und VT-2 auf PDF/X-5g (wegen der externen Referenzen). Zusätzlich wurde noch die Variante PDF/VT-2s spezifiziert, die ein Streaming von grossen Dateien ermöglicht, indem der Datenstrom in mehrere Teile zerlegt wird, die unabhängig gedruckt werden können (siehe Tabelle).

Sicherheit dank PDF/X

PDF/VT basiert auf PDF/X-4. PDF/X-4 hat sich seit 10 Jahren als Datenformat für statische digitale Druckvorlagen bewährt. PDF/X-4 garantiert, dass alle notwendigen Fonts in die PDF-Datei eingebettet und alle Farben eindeutig definiert sind. Die Verwendung von ICC-basierten Farben ist möglich. Dies erlaubt die Ausnutzung der verglichen mit dem Offsetdruck grösseren Farbumfänge der meisten Digitaldrucksysteme. Transparenzen müssen nicht wie bei älteren PDF/X-Versionen reduziert (flachgerechnet) werden. Beim Reduzieren von Transparenzen können nämlich schlimmstenfalls aus einigen wenigen Objekten Tausende (oder Hunderttausende!) von zersplitterten Teilobjekten entstehen, die den RIP-Prozess verlangsamen. Dies kann dazu führen, dass die digitale Druckmaschine nicht mit voller Geschwindigkeit drucken kann, da die benötigten Daten nicht rechtzeitig vom RIP bereitgestellt werden.

Effizienz dank XObject-Ressourcen

PDF/VT verwendet XObject-Ressourcen zur Definition von statischen und wiederholten Seitenteilen. Es gibt in PDF Image XObjects (für Bilder), Forms XObjects (gruppierte Text-, Vektor- und Bild-Objekte) und Reference XObjects (mit Verweisen auf externe Dateien). Wiederholte Seitenelemente (z.B. Logo, Hintergrund) werden nur einmal als XObject-Ressource in der PDF-Datei abgespeichert. Das ergibt kleinere Dateien, die schneller erzeugt werden können. Der Hauptvorteil ist aber, dass ein PDF/VT-kompatibles Ausgabesystem diese XObjects nur einmal rendern (rippen) muss. Die XObjects werden in gerenderter Form zwischengespeichert und können ohne grossen Zusatzaufwand mehrfach ausgegeben werden.

Optimierung dank Hints und DPart-Struktur

Mit Hilfe von Hints (Hinweisen) in den XObjects-Metadaten kann definiert werden, ob eine XObjects-Ressource nur einmal, mehrfach innerhalb eines Records, mehrfach innerhalb einer Datei oder von mehreren PDF/VT-Dateien verwendet wird. Im letzten Fall wird das gerenderte Ergebnis im Ausgabesystem für spätere Verwendungen abgespeichert.

Mithilfe von Document-Part-Metadaten (DPart) können Druckdateien mit einer beliebigen Struktur (z.B. Rechnungsnummer, PLZ) versehen werden. Dies erlaubt eine Sortierung der Ausgabe (nach PLZ), den Aufruf einer einzelnen Rechnung (für Neudruck) aber auch eine Trennung von Umschlag und Inhalt.

Leider wurde in der ersten Version des ISO-Standards nur die Methode der DPart-Strukturen aber nicht die konkrete Anwendung im Variablendatendruck beschrieben. Das hat dazu geführt, dass nahezu kein Hersteller DPart-Funktionen implementiert hat. Deshalb wird dieses Thema in der nächsten Version (PDF/VT-3) ausführlicher behandelt.

Flexibilität dank neutralem Standard

Die bisherigen Lösungen zur Definition und Ausgabe von variablen Daten im Digitaldruck waren weitgehend herstellerabhängig. Da viele Druckdienstleister mit Ausgabesystemen mehrerer Hersteller arbeiten, mussten sie sich auch mit mehreren Erzeugungsprogrammen und deren Unzulänglichkeiten herumschlagen. Ein Wechsel war ohne grossen Aufwand beinahe unmöglich.

Der herstellerunabhängige ISO-Standard (basierend auf dem weitverbreiteten PDF/X-4-Standard) verspricht nun die gewünschte Flexibilität bei Erzeugungsprogrammen und Ausgabesystemen. Das zeigt sich schon in der Tatsache, dass zur Betrachtung einer PDF/VT-Datei nicht (wie bei den meisten bisherigen Formaten) ein spezieller Browser notwendig ist. Es reicht ein PDF-Viewer, der PDF/X-4 versteht (z.B. Adobe Reader ab Version 9). PDF/VT-Dateien können zudem mit einem Preflight-Tool (z.B. Adobe Acrobat Pro) geprüft werden.

Schleppende Umsetzung

Trotz euphorischer Statements während der Ausarbeitung des Standards war die Umsetzung bei den Herstellern zu Beginn aber eher schleppend. Insider erwarteten, dass an der Drupa 2012 viele Lösungen gezeigt oder zumindest angekündigt würden. Ich habe damals in Düsseldorf eine Erhebung bei den potenziellen Herstellern durchgeführt. Alle zeigten sich interessiert, hatten aber noch keine Produkte vorzuweisen. Die Entwickler von Erzeugungsprogrammen begründeten dies mit der Tatsache, dass es noch keine Ausgabesysteme gebe, die den neuen VT-Standard unterstützten. Die Hersteller von Ausgabesystemen entschuldigten sich damit, dass die notwendigen VT-Erzeugungsprogramme fehlen würden. Ein typisches Huhn-Ei-Problem …

An der Drupa 2016 sah es schon viel besser aus. Bei der erneuten Durchführung meiner Erhebung habe ich über ein Dutzend Anbieter von PDF/VT-Erzeugungsprogrammen und PDF/VT-Ausgabesystemen gefunden. Allerdings wurden oft nicht alle Funktionen (z.B. DPart) wirklich unterstützt. Es gibt allerdings bisher nur nennenswerte Anwendungen von PDF/VT-1. PDF/VT-2 wird selten genutzt, und PDF/VT-2s-Anwendungen sind keine bekannt.

PDF/VT-3 in Vorbereitung

Nach der Veröffentlichung von PDF 2.0 (ISO 32000-2) im letzten Jahr, hat sich die ISO-Arbeitsgruppe an die Anpassung des VT-Standards gemacht, um von den Vorteilen des neuen PDF-Standards zu profitieren. Die DPart-Metadaten, die ursprünglich für PDF/VT entwickelt wurden, sind nun Bestandteil des übergeordneten Standards PDF 2.0 und müssen im VT-Standard nicht noch einmal speziell definiert werden. Man will allerdings die Einsatzmöglichkeiten dieser Metadaten für variable Daten besser beschreiben.

PDF/VT-3 wird nur noch eine Variante, einen Nachfolger von VT-1 (alle Daten in einer Datei), enthalten. PDF/VT-2 und VT-2s werden nicht weiterentwickelt, da diese in der Praxis nur wenig oder gar nicht eingesetzt wurden.

Da PDF/VT-3 auf PDF/X-6 basieren wird, kann der neue VT-Standard erst nach der Veröffentlichung von PDF/X-6 (voraussichtlich 2019) freigegeben werden. ↑

PDF/VT Produkte (Stand: Drupa 2016)

Erzeugung
  • XMPie: Personal Effect
  • Pageflex
  • Ricoh: Fusion Pro
  • Objective Lune: Connect
  • HP: SmartStream Designer
  • EFI: DirectSmile
  • Callas: pdfChip
  • Konica-Minolta: EngageIT
  • Meadows Publishing Solutions: DesignMerge
  • GMC: PrintNet
  • HDM: Prinect Toolbox
  • PDFlib: 8 VT Edition
  • Meadows: DesignMerge
Ausgabe
  • Adobe: APPE
  • Global Graphics: Harlequin RIP
  • EFI: Fiery
  • HP SmartStream Production Pro Print
  • Xerox: Freeflow
  • Canon-Océ
  • Kodak: NexPress
  • Konica-Minolta
  • Ricoh
  • SOFHA
  • Fujifilm: XMF
  • Lewald: aesop (geplant)

Stephan Jaeggi, Dipl. Druck-Ing. FH/ESIG, ist Inhaber von PrePress-Consulting in Binningen/Basel und beschäftigt sich bereits seit 1991 mit dem Thema PDF. Er ist technischer Experte bei der ISO TC130/TF2 (Definition der PDF/X- und PDF/VT-Spezifikationen). Er gibt einen kostenlosen Newsletter heraus. www.pdf-aktuell.ch